Bayern ist für seine Berge und eine wunderschöne Natur bekannt und zieht Jahr für Jahr tausende Besucher an. Doch es gibt noch weitere Gründe, warum die Alpenregion Jahr für Jahr tausende Urlauber lockt: Die einzigartigen Bräuche und Traditionen. Ob Lederhose und Dirndl, Weißwurst und Jodler, Oktoberfest oder Alm-Abtrieb – bayerische Traditionen standen und stehen hoch im Kurs. Und bieten gleichzeitig Möglichkeiten, in den abwechslungsreichen Alltag des Bundeslandes einzutauchen. Wir haben an dieser Stelle einige typisch bayerische Traditionen und Bräuche zusammengestellt.

Bayern hat viel zu bieten

Ein Urlaub oder ein paar erholsame Tage in Bayern können ganz unterschiedlich ausfallen: Eine Wanderung durch die Allgäuer Alpen oder durch das Wettersteingebirge. Baden im Starnberger See – jenem Gewässer, das früher noch Würmsee hieß und in dem Bayerns König Ludwig II. den Tod fand. Ein Picknick inmitten blühender Bergwiesen. Besichtigungen historischer Burgen und Schlösser, allen voran das legendäre Neuschwanstein. Ein Dirndl kaufen. Das sind nur einige von unzähligen Möglichkeiten, die das Bundesland so reizvoll für seine Gäste macht.

Brotzeit geht auf bäuerliche Tradition zurück

Nach solchen mehr oder weniger anstrengenden Touren, zum Beispiel durch das Naturparadies des Bayerischen Waldes, steht meistens noch der obligatorische Besuch im Biergarten an. Erster Hunger und Durst wollen nun einmal gestillt werden. Am besten geht das mit einer zünftigen Brotzeit, die fester Bestandteil der bayerischen Küche ist. Anders als das Mittag- oder Abendessen gibt es für die traditionsreiche Mahlzeit keine feste Uhrzeit. Sie ist vielmehr geselliges Beisammensein nach getaner Arbeit. Die Brotzeit geht auf den Alltag der bayerischen Bauern zurück, die morgens nach der Arbeit im Stall und nachmittags nach der Feldarbeit ihren ersten Hunger mit Broten, Käse und Wurst stillten. Für den Durst gab es Bier. Auch heute noch gehört die kleine Stärkung zwischendurch für viele Bayern dazu. Und es muss auch nicht immer Brot sein, was auf den Tisch kommt: Wurstsalat, Weißwürste, Brezn, Leberkäs und Obatzda beispielsweise gehören ebenfalls zu einer typischen Brotzeit. Apropos Biergarten: Ihre Existenz ist darauf zurückzuführen, den Brauern eine Möglichkeit zu verschaffen, Bier ausschenken zu können – auch ohne das sogenannte Krugrecht. Wer in der Nähe von München Zeit verbringt, kommt natürlich nicht ohne einen Besuch im traditionsreichen Hofbräuhaus davon. Früher stets in Besitz der bayerischen Herrscher, gehört das Gasthaus heute dem Freistaat Bayern.

Weißwürste werden in Bayern gezuzelt

Weißwürste mit Brezel und süßem Senf

Genau – Obatzda, eine Zwischenmahlzeit aus Weichkäse wie Camembert und Brie, der meistens mit Paprika, Kümmel und Butter gewürzt ist, „richtig“ bayerisch, genauso wie ein Weißwurstfrühstück, das traditionell aus Weißwürsten, süßem Senf und Brezn besteht. Ungeschriebenes Gesetz ist, dass eine Weißwurst, die übrigens gezuzelt und von der nicht abgebissen wird, niemals das 12-Uhr-Läuten „überleben“ sollte. Für Fischliebhaber halten die Bayern ein weiteres Traditionsgericht parat – Steckerlfisch. Wie der Name schon sagt, wird marinierter Fisch, meist Weißfisch oder Renken aus heimischen Seen und Flüssen, auf einen Holzstab gespießt und auf oder neben dem Grill gebraten. Wer noch nicht genug hat, kann sich an den unterschiedlichsten Mehlspeisen wie Rupfhauben gütlich tun, die für Bayern so typisch sind. Genauso wie der Schweinsbraten oder die Schweinshaxe, die kaum ohne Knödel auskommen.

Traditionsreiches Dirndl & Co.

Frisch gestärkt geht es auf die nächste Etappe der Wanderung, in die nächste Baderunde oder weiter auf Besichtigungstour. Es dauert sicher nicht lange, bis die typisch bayerischen Lederhosen, ein Hut mit Gamsbart oder ein klassisches Dirndl auf sich aufmerksam machen. Die Tracht gehört seit Urzeiten zum Lebensgefühl der Bayern. Seine Erfindung ist im Grunde einer Not geschuldet: Früher musste Bekleidung in der Alpenregion vor allem eines sein: Robust und langlebig. Demnach hatten die Anfänge die Lederhose weniger mit zeitgenössischer Mode zu tun als mit Alltagstauglichkeit. Für das Dirndl gilt ähnliches: Zum Schutz vor Schmutz und Abnutzung wurde das Kleid mit einer Schürze ausgestattet. Diese wurde anstelle des Kleides regelmäßig gewechselt. Lederhose und Dirndl konnten so lange getragen werden. Heute sind die Kleidungsstücke aus Gründen der Tradition unverzichtbarer Bestandteil der bayerischen Garderobe. Zünftig ist der, der zur Tracht einen Trachtenhut trägt. Dieser besteht in den meisten Fällen aus Filz und wird häufig durch einen stilechten „Gamsbart“ veredelt. Dieser Gamsbart wird aus den Rückenhaaren von Gamsböcken hergestellt – eine hohe Kunst, für die es einige Erfahrung braucht. Nicht nur der Gamsbock muss sein Fell für den Traditionshut lassen – in vielen Regionen Bayerns ist auch das Tragen von Wildsau- oder Dachshaarbärten üblich.

Großes Spektakel: Der Almabtrieb

Viele Urlauber kommen besonders gern im Spätsommer oder Frühherbst nach Bayern, wenn die Kühe und Rinder von den Almwiesen wieder hinab ins Tal getrieben werden. Jahr für Jahr ein Riesenspektakel mit einer langen Tradition. Das buntgeschmückte Vieh wird nach rund hundert Tagen auf den saftigen Bergwiesen unter lautem Glockenbimmeln und Schellengeläut von Musik begleitet zurück in den heimischen Stall geführt. Die bayerischen Bauern tragen ihre Festtagskleidung und feiern die geglückte Saison mit einem großen Fest. Im Mittelpunkt des Treibens steht dabei das Kranzrind als Anführer der Herde, das mit einem festlichen Kranz, Fuikl genannt, beziehungsweise einer Krone ausstaffiert wird. Brauchtum, das noch aus vorchristlichen Zeiten stammt, als Glocken- und Schellenklänge vor Dämonen schützen sollten. Start für den Almabtrieb ist der Bartholomäustag, der 24. August.

Traditionsreiche Jagdbräuche

Die Jagd ist eines der ältesten Kulturgüter des Menschen und ist mit der Identität der Bayern eng verknüpft. Die Ausübung der jagdlichen Traditionen hat deshalb einen hohen Stellenwert, was nicht nur an dem bayerischen Brauch, Geweihe als jagdliche Trophäen zur Schau zu stellen, deutlich wird. Eines der vielfältigen Rituale rund um die Jagd ist das Jagdhornblasen. Früher waren die Bläser in erster Linie aus Verständigungsgründen auf Gesellschaftsjagden aktiv. Das ist heute anders, seitdem moderne Technik für die Kommunikation unter den Jägern sorgt. Trotzdem gibt es in ganz Bayern Bläsergruppen, die auf vielen Veranstaltungen zu hören und zu sehen sind. Waren es zunächst Stier- und Büffelhörner, die der Nachrichtenübermittlung dienten, wurden diese im 18. Jahrhundert durch Metallhörner ersetzt.

Volksfeste sorgen für Millionen von Besuchern

im Bierzelt auf Volksfest in Bayern

Traditionsreiche Volksfeste gehören ebenfalls zu Bayern dazu, am bekanntesten dürfte sicher das Oktoberfest sein, die Wiesn, die Jahr für Jahr Millionen Besucher nach München lockt. Doch O‘ zapft ist es regelmäßig auch in anderen Gegenden des Freistaats – zünftige Atmosphäre inklusive. Das zehntägige Erdinger Herbstfest zum Beispiel, welches immer am letzten Freitag im August beginnt, gilt als drittgrößtes Volksfest in Bayern und wird überwiegend von Einheimischen besucht. Auch das Gäubodenfest in Straubing im August gehört zu Bayerns bekanntesten Volksfesten und verspricht eine große Gaudi. Das Gäubodenfest ist gleichzeitig auch Veranstaltungsort der Ostbayernschau, einer großen Verbrauchermesse. Zweimal im Jahr, im Mai und im August, öffnet der Regensburger Dult seine Pforten. Die Geschichte des Fests reicht zurück bis ins Spätmittelalter und gehört ebenfalls zu einem der größten Volksfeste im Freistaat. Erwähnenswert ist außerdem das Nürnberger Volksfest, das ebenfalls zweimal im Jahr stattfindet.

Schuhplattler und Jodelgesang

Natürlich werden auf diesen Festen typisch bayerische Bräuche gepflegt – zum Beispiel das Schuhplattlern oder das Jodeln. Auch hier gibt es landauf landab Konzerte und Tanzdarbietungen, die Urlaubsgäste tief in das bayerische Brauchtum eintauchen lassen. Highlight eines Aufenthalts dürfte sicher ein Jodelwettbewerb sein. Besonders das Jodeln erlebt dabei gerade eine Renaissance und hat sich schon lange auch im modernen Lifestyle durchgesetzt. Exotisch für Nichtbayern mutet auch das Alphorn an – ein langes, konisches Rohr, mit dem tiefe Resonanzen erzeugt werden können. Früher warnten sich Hirten und Bergbewohner außerdem mit diesem Instrument gegenseitig vor Gefahren – heute gibt es Alphornvereine, in denen dieses traditionsreiche Brauchtum bewahrt wird. Wie ein Alphorn klingt, lässt sich auf vielen traditionsreichen Darbietungen erleben.

Ältestes Volksschauspiel: Further Drachenstich

Sehr bekannt ist auch die Landshuter Hochzeit, ein historisches Fest mit Ritter- und Tanzspielen, das an die die Hochzeit des Fürsten Georg der Reiche von Landshut mit Hedwig aus Polen erinnert. Feierlichkeiten, die 2018 in das Bundesverzeichnis des immateriellen Kulturguts aufgenommen wurden – wie auch das Feldgeschworenenwesen, das nicht nur als ältestes Ehrenamt im Freistaat, sondern auch als besonders traditionsreiches Kulturgut gilt. Feldgeschworene wirken seit über 800 Jahren bei der Vermessung und Kennzeichnung von Grund- und Flurstücken durch geheime Zeichen mit. Auch der Further Drachenstich, ältestes Volksschauspiel Deutschlands, wurde 2018 in die Liste aufgenommen und wird jährlich von mehreren zehntausend Menschen besucht.

Bildquellen

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