Nicht wenige werden sich die Frage stellen, warum ausgerechnet das Fagus-Werk, eine Fabrikanlage in Alfeld, eine Kleinstadt in Südniedersachsen zwischen Hannover und Göttingen, zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört. Der Fabrikbesitzer Carl Benscheidt gab 1911 dem damals noch unbekannten 28-jährigen Architekten Walter Gropius den Auftrag, ein neues Fabrikgebäude zu errichten. Benscheidt war zuvor in einem benachbarten Betrieb 25 Jahre lang als Prokurist tätig gewesen, musste die Arbeit jedoch aufgrund von firmeninternen Streitigkeiten aufgeben und wollte aus diesem Grunde sein eigenes Unternehmen gründen. In Alfeld werden traditionell seit mehr als hundert Jahren Schuhleisten hergestellt, und auch Benscheidt wollte sich in der Schuhleistenproduktion betätigen, wofür er ein Produktionsgebäude brauchte. Er hatte bereits klare Vorstellungen von dem zukünftigen Bau, und als der Unternehmer den jungen Architekten Walter Gropius kennenlernte, merkten beide recht schnell, dass sie sich auf einer Wellenlänge befanden.
Das Fagus-Werk in Alfeld ist bis heute in Familienbesitz
Der Name Fagus kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „Buche“, eine Baumart, die rund um Alfeld reichlich wächst und deren Holz auch für die Schuhleisten verwendet wird, die dort hergestellt werden. Das Fagus-Werk sollte unter Walter Gropius maßgebend zur modernen Architektur beitragen, und das Gebäude, das im Zeitalter von Kaiser Wilhelm entstand, ist mit seiner Bauweise in vielerlei Hinsicht fortschrittlich für diese Epoche.
Das Fagus-Werk sollte kein Prunkbau mit zahlreichen zu jener Zeit üblichen Verschnörkelungen werden, und auch die großen Fensterfronten waren vor dem Ersten Weltkrieg unüblich und somit neu. Von außen betrachtet erscheint der Bau schwerelos und leicht, denn die Bauweise ist bewusst schmal gehalten und die offenen, hellen Arbeitsräume beziehen auch die Bedürfnisse der Arbeiter mit ein. Das Fagus-Werk ist in seiner Bauweise ungekünstelt und sachlich und konzentriert sich auf das Wesentliche, was im Jahre 1911 sehr innovativ war, da man noch die massiven und massigen Backsteinbauten bevorzugte.
1946 wurde das Fagus-Werk unter Denkmalschutz gestellt und 1984 einer ausgiebigen Restauration unterzogen. Das Unternehmen ist bis heute in Familienbesitz und stellt neben Schuhleisten auch moderne Messtechnik-Systeme her. Das Fagus-Werk ist heute für die Öffentlichkeit zugänglich: In einem Anbau wurde eine Dauerausstellung für Besucher eingerichtet, wo man sich über die Geschichte des Unternehmens und seine Arbeitsweise informieren kann.
Bildquellen
- Fagus-Werk Alfeld: © maartenhoek - fotolia.com
- Frühling: © Smileus - stock.adobe.com
- Frauenkampf: © Matthias Sievert - piratenopenair.de
- Schloss Glücksburg im Winter: © Lars Gieger - stock.adobe.com
- Seenlandschaft glasklar: © Sebastian - stock.adobe.com
- Detailansicht der Fagus-Werke in Alfeld: © Takashi Images - fotolia.com