Das kulturelle Leben in Deutschland ist zur Zeit fast vollständig zum Erliegen gekommen: Museen und Ausstellungen haben geschlossen, ebenso Theater, Opernhäuser und Galerien und auch ein Besuch im Kino, in Clubs oder Konzerten ist momentan nicht möglich. Doch dank dem Internet muss niemand von uns auf etwas Kultur im Alltag verzichten: Museen bieten virtuelle Rundgänge an, Opern streamen Konzerte im Netz und in den sozialen Medien trifft man überall auf Stars, die in den eigenen vier Wänden ihre Musik zum Besten geben. Für alle Kulturhungrige haben wir ein paar Tipps gesammelt, welche kulturellen Veranstaltungen man gerade im Netz besuchen kann.
Viele Museen in der ganzen Welt bieten Ausstellungen, Kunstwerke und virtuelle Rundgänge im Netz an; die Seite von Google Arts & Culture vereint mehr als 500 Online-Auftritte von Museen und Galerien auf der ganzen Welt. Darunter sind z.B. das Museum für Naturkunde und das Pergamonmuseum in Berlin, das Meeresmuseum in Stralsund oder das Bauhaus in Dessau in Deutschland, aber auch internationale Spitzenmuseen wie die Uffizien in Florenz, das British Museum in London, der Louvre in Paris oder das Rijksmuseum in Amsterdam. Eine Besonderheit der Seite: Kunstinteressierte können so stark in Kunstwerke von Caravaggio, Van Gogh oder Warhol hineinzoomen, dass jedes kleinste Detail zu erkennen ist. Zusätzlich zu Museen kann man sich auch noch Kulturdenkmäler auf der ganzen Welt in speziellen Street Views anschauen.
Doch auch abseits von Google bieten einige Museen virtuelle Rundgänge und Veranstaltungen im Netz an. Eine Auswahl:
- Das Städelmuseum in Frankfurt bietet virtuelle Einblicke in seine umfangreiche Sammlung an Gemälden, Skulpturen, Grafiken und Fotografien vom Mittelalter über die Moderne bis in die Gegenwart sowie kurzweilige Onlinekurse.
- Auf der Website des Berliner Pergamon Museums auf der Museumsinsel können sich Besucher den berühmten Pergamonaltar als 3-D-Animation anschauen.
- Die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe bietet einen Online-Rundgang durch ihre Ausstellungsräume und die Möglichkeit, nah an die Gemälde vornehmlich deutscher, niederländischer und französischer Meister aus acht Jahrhunderten heranzuzoomen.
- Das Naturkundemuseum Berlin bietet einen virtuellen Rundgang für die ganze Familie inklusive Tyrannosaurus-Rex-Skelett.
- Im Deutschen Museum München sind Meisterwerke der Naturwissenschaft und Technik zu sehen. Den virtuellen Rundgang kann man sogar mit drei verschiedenen Audio-Führungen genießen.
- Das neue Bauhausmuseum in Dessau bietet mehr als 10.000 Objekte aus der Sammlung der Stiftung Bauhaus Dessau weltweit digital zugänglich.
- Im Panoramamuseum Bad Frankenhausen ist Werner Tübkes Monumentalbild über die Bauernkriege im 16. Jahrhundert zu sehen.
- Die Mannheimer Kunsthalle zeigt in Kurzvideos mit dem Direktor, Kuratoren, Restauratoren und anderen Mitarbeitern Besprechungen einzelner Werke oder aktuelle Themen.
- Das Badische Landesmuseum in Karlsruhe zeigt Kurzvideos zu aktuellen Ausstellungen.
- Die Kunsthalle Baden-Baden bietet Online-Führungen zur aktuellen Ausstellung „Körper. Blicke. Macht – Eine Kulturgeschichte des Badens“ bis zum Ende der Laufzeit im Juni.
- Die Museumslandschaft Hessen Kassel bietet auf Facebook und Instagram in kurzen Video-Clips und Mitarbeiter-Talks eine digitale Reise durch die Kunstgeschichte.
- Das Frankfurter Museum für Kommunikation eröffnet seine eigentlich analog geplante Ausstellung „#neuland. Ich, wir und die Digitalisierung“ in seinem seit längerem bestehenden virtuellen Museum.
Nicht nur Museen haben das Internet für virtuelle Ausstellungen entdeckt, auch die vielfältige Musikszene ist aktuell im Netz aktiv und versorgt Klassikfans und Livemusik-Liebhaber mit allerlei Input.
a) Klassik
Besonders empfehlenswert ist die Arte-Mediathek für Klassikfans: Hier findet man Konzerte des NDR Elbphilharmonie Orchesters unter der Leitung von Thomas Hengelbrock, kann Leonard Bernstein zusehen, wie er die Wiener Philharmoniker dirigiert und sich zahlreiche Opern ansehen. Mit dabei sind Lohengrin, La Traviata, Die Entführung aus dem Serail und vieles mehr. Auch sehenswert: Weltklasse-Pianist Igor Levit zeigt seine Kunst jeden Abend auf seinem Twitter-Account. Eine Auswahl weiterer Angebote für Klassikliebhaber:
- In der sogenannten „Digital Concert Hall“ kann man Konzerte der Berliner Philharmoniker vom Sofa aus genießen.
- Die Staatsoper München und die Staatsoper in Wien bieten Online-Inszenierungen von Konzerten, Oper und Ballett an.
- Die Staatsoper Berlin bietet einen digitalen Spielplan, der sich aus den umfangreichen Archiven speist.
- Die Staatsoper Stuttgart zeigt unter dem Motto „Oper trotz Corona“ Aufzeichnungen vergangener Aufführungen im Wechsel.
- Die Elbphilharmonie zeigt Auszüge aus vergangenen Konzerten.
- Die New Yorker MET Opera bietet HörerInnen auf der ganzen Welt kostenlose Audio Streams ihres Programms an.
b) Pop
Auch für Popmusikfans, die ihre Lieblingskünstler zur Zeit nicht live sehen können, bietet das Internet Abhilfe. Zu empfehlen ist auch hier wieder die Arte-Mediathek: Der Fernsehsender bietet eine Vielzahl von meist rund einstündigen Sendungen in sehr guter Qualität. Nach einer kurzen Einführung folgt der Liveauftritt des Künstlers – oft handelt es sich um ein Konzert in Deutschland oder Frankreich, vereinzelt um Festivals. Mit dabei sind zum Beispiel Bob Marley, Katie Melua, Tina Turner, Foals, Dwson und Sepultura. Auch empfehlenswert: Pop around the Clock in der ZDF-Mediathek. Im ganzen Netz finden jedoch auch Live-Konzerte statt. Eine Auswahl:
- United we Stream: Die Berliner Clubs haben sich während der Zwangsschließungen zusammengetan. Jeden Abend gibt es einen Stream in Bild und Ton aus einem anderen – leeren – Club.
- Das Magazin Rolling Stone veranstaltet auf seinem Instagram-Kanal Wohnzimmer-Konzerte. Unter dem Label „In my room“ spielen große Stars jeden Mittwoch um 20 Uhr ein kleines Konzert.
- TV Noir zeigt jeden Abend Wohnzimmerkonzerte im Livestream.
- Sennheiser sendet über Instagram Club-Konzerte.
- Auf dringeblieben.de werden DJ-Livestreams gezeigt.
Es lohnt sich übrigens auch, vielen einschlägigen Stars auf Facebook und Instagram zu folgen – viele übertragen gerade live aus ihren Häusern, Wohnungen oder Studios einzigartige virtuelle Konzertsessions in die Welt. Ihr Können gezeigt haben z.B. schon Max Giesinger, Johannes Oerding, Lea, Michael Schulte, Nico Santos, Álvaro Soler, Lotte und Mathea.
Auch für Theaterfreunde hat das Netz zur Zeit ein paar Lösungen parat, damit man sich auch hochwertige Bühnenstücke auf dem heimischen Sofa anschauen kann. Eine Auswahl:
- Die Münchner Kammerspiele teilen online jeden Tag einen internen Mitschnitt einer Inszenierung aus dem Spielplan.
- Das Residenztheater zeigt auf seiner Homepage, auf YouTube und auf Instagram sein “Tagebuch eines geschlossenen Theaters”. Hier kann man einsehen, was hinter geschlossenen Türen passiert.
- Die Berliner Schaubühne stellt unter dem Titel „Zwangsvorstellungen“ Aufzeichnungen aus ihrem Videoarchiv sowie 10- bis 15-minütige künstlerische Beiträge ihrer Ensemblemitglieder online zur Verfügung.
- Das Theater Dortmund verlegt sein Symposium zu Kunst und Theater im Digitalen Zeitalter auf eine Online-Plattform.
- Auf YouTube bietet der Theaterkanal Bühnenwelt zahlreiche Inszenierungen der vergangenen Jahre an.
- Auf Spectyou.com, der ersten Streamingplattform für Theater im deutschsprachigen Raum, kann jeder Theatermacher seine Bühnenarbeit hochladen – vorbeischauen lohnt sich.
Bücher haben gerade Hochkonjunktur – viele haben gerade jetzt die Zeit, sich einem dicken Schmöker zu widmen oder sich mit einem Hörbuch zurückzulehnen. Wer sich trotzdem in den tiefen des Netz umschauen möchte, wir haben ein paar Tipps für Literaturfans zusammengetragen:
- Viele Verlage und Veranstaltungsorte streamen Lesungen jetzt einfach online – es lohnt sich, auf den jeweiligen Websites nachzuschauen.
- Der Autor Saša Stanišić liest jeden Abend 30 bis 45 Minuten live auf Twitch.
- Das Berliner Literaturhaus verlegt seine Veranstaltungen jetzt ganz einfach ins Internet.
- Wer sich für Hörspiele interessiert, sollte beim Deutschlandfunk Kultur oder beim Bayerischen Rundfunk vorbeihören; hier gibt es beispielsweise Krimis und ein groteskes Stück über Homeoffice zu hören – welches Thema könnte aktueller sein?
Tipps für Sparfüchse: Wer einen Büchereiausweis besitzt, kann über Dienste wie Onleihe, Overdrive und Pressreader digitale Medien wie Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, ja sogar Hörbücher und Musik sowie manchen Film ausleihen. Amazon bietet immer mal kostenlose eBooks an. Zusätzlich kann es sich lohnen, kostenlose Probemonate von Abodiensten wie Amazon Kindle Unlimited, Audible oder Thalia in Anspruch zu nehmen.
Bildquellen
- In der Bildergalerie: © 4th Life Photography - stock.adobe.com
- Konzert: © StockSnap / pixabay
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- Bücherregal: © Ahmad Ardity / pixabay
- Kultur im Netz: © Pixel-Shot - stock.adobe.com