Zitat: „Gehst du zum Landerer wirst Du ein Anderer, wirst du kein Anderer bleibst du beim Landerer.“ (Volksmund)

Dieser mokante, nicht allzu ernst zu nehmende Spruch weist auf den Gründer hin: Dr. Heinrich Landerer gründete 1852 das Göppinger Klinikum Christophsbad. Dieses ist mittlerweile – weit über die baden-württembergischen Landesgrenzen hinaus renommiert – und wird „häufig“ von Unwissenden belächelt und bewitzelt. Auch solchen Vorurteilen gegenüber psychisch und/oder neurologisch Kranken möchte der Museumsleiter des ansässigen Psychiatriemuseums „MuSeele“ Rolf Brüggemann mit seiner Aufklärungsarbeit im Museum entgegenwirken. „Mit unseren Bemühungen wollen wir emotional berühren, manchmal auch irritieren“, erzählt  der Psychologe Rolf Brüggemann. Das Verständnis, das dem Museumskonzept zugrunde liegt, ist das einer humanen und sozialen Psychiatrie; die Inhalte werden künstlerisch-kreativ, weit über das Pathologische hinausgehend betrachtet und in Szene gesetzt. 

Das Prinzip „Freud´sche Couch“

MuSeele-Freud

Natürlich verzichtet man nicht auf ein Exempel der legendären roten Couch des Wiener Psychoanalytikers Sigmund Freud (1856 – 1939).  Das Original steht – nicht wie geglaubt monochrom rot – inzwischen in London. Hier in Göppingen hat man die Möglichkeit, sich über das „Prinzip der Freien Assoziation etc.“ zu informieren. Rolf Brüggemann vermag so manche Anekdote zur Psychoanalyse zu erzählen. Zahlreiche Literaturvorschläge dienen der Inspiration und Vertiefung der Thematik. 

Der Bildhauer Franz Xaver Messerschmidt

MuSeele-Schreibtisch

Schon bei den ersten Schritten ins MuSeele wird deutlich, dass hier Kunst und Seele ineinander verwoben sind. Kunst scheint hier als eine Art Metaperspektive aufzuzeigen, wie vielfältig und kreativ Psyche und „Krankheit“ des Menschen sein können. Man geht hier zwar ernst mit Leid und Leidenschaften um, versucht aber dennoch eine gesunde Portion Leichtigkeit in den teils schweren Themen zu platzieren und dieser einen angemessenen Raum zu geben. So finden auch die physiognomischen, teils grotesken Portraits des Bildhauers Franz Xaver Messerschmidt (1736 – 1783) ihren Platz und werden auf einem Bildschirm von der zeitgenössischen Künstlerin Ingeborg Jung digital neu interpretiert.

Blick zurück und nach vorn

MuSeele

Auch wenn der Blick zurück in die Geschichte der Psychiatrie und Neurologie viel zu oft unmenschlich und leidvoll war, sind die Geschichten und Krankengeschichten es wert, hier erzählt zu werden. Gleichzeitig wird den Psychiatriebetroffenen, die zahlreich Opfer der Nationalsozialisten waren, ein Andenken bewahrt. Man findet in diesem Museum Rückwärtsgewandtes, aber auch viel Kreativität und Aktualität, so dass man sich ein individuelles Bild von der Psychiatrie heute und dem ganzheitlichen Verständnis von Seele im 21. Jahrhundert machen kann. 

Seien Sie neugierig. 

Bildquellen

  • MuSeele-Freud: © Sandra P. Thurner
  • MuSeele-Schreibtisch: © Sandra P. Thurner
  • MuSeele: © Sandra P. Thurner
  • MuSeele-Physiognomie: © Sandra P. Thurner